Eltern ergreifen die Initiative

Die Sachsenhäuser Brückenstraße in den 1970er Jahren: Eltern, Kinder und sympathisierende Bürger/innen empören sich über die kinderunfreundlichen Zustände im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen – und besetzen die Brückenstraße. Eltern schließen sich zur Elterninitiative Sachsenhausen (E.I.S.) zusammen und nach jahrelangem Kampf kann die Stadt Frankfurt überzeugt werden einen Abschnitt dieser Straße zur heutigen autofreien und kinderfreudenreichen „Spielstraße“ umzuwandeln.

In den darauf folgenden Jahren setzt sich die Elterninitiative weiterhin dafür ein, den Stadtteil gerade im Hinblick auf seine jüngeren und jüngsten Bewohner/innen lebens- und liebenswerter zu gestalten: So wurde das ehemalige öffentliche Toilettenhaus zu einer offenen Betreuungseinrichtung für Kinder, die Brückenstraße zu einem Ort regelmäßiger Kinderfeste und -festivals – und die E.I.S. wurde zu einer offenen Gemeinschaft für all diejenigen, die nach innovativen Alternativen suchen und die ihren Wohnraum und Lebensmittelpunkt mitgestalten wollen statt festgefahrene Strukturen hinzunehmen,

Die Elterninitiative Sachsenhausen ist nach über 40 Jahren heute keine Selbstverständlichkeit mehr: Ein Mitglied und frühes „E.I.S.-Kind“ formulierte dazu einst folgenden Gedanken: Die E.I.S. ist nicht einfach so da (wie man dies als Kind oft wahrnimmt), sondern muss auch getragen und mit Leben gefüllt werden, um für andere Kinder – so wie für sie damals – weiterhin da sein zu können. Die Gründungsmitglieder sind schon lange Großeltern , ein schleichender Mitgliederschwund zeichnet die E.I.S. und gefährdet die Stadtteilarbeit, die so wichtig geworden ist für die kleinen aber auch großen Frankfurter/innen! Eine „Verjüngerungskur“ durch eine neue Generation interessierter und engagierter Eltern und Bürger/innen, mit neuen Ideen und frischem Enthusiasmus, ist erforderlich! 

Stadtteilarbeit

Anfang der 1970er Jahre gründete sich die Elterninitiative Sachsenhausen, um einen schöneren Ort für die Kinder in Sachsenhausen zu schaffen – und diesen zu erkämpfen! Die Zeit der E.I.S.-Gründung war gleichfalls die Zeit sozialer Bewegungen, direkt aus der Mitte der Gesellschaft heraus, in der sich „Spontis“ und „Realos“ in Bürgerinitiativen zusammenfanden.

Dabei hat die E.I.S. immer den Anspruch vertreten, Freiräume zu schaffen und zu erhalten, um bei der Gestaltung des eigenen Stadtteils mitbestimmen zu können – und sich nicht der kommunalen Politik und Verwaltung unterwerfen zu müssen! Seit ihrem Bestehen hat die E.I.S. immer versucht diesem Anspruch vor allem im Hinblick auf die oft ungehört bleibenden Kinder gerecht zu werden: Sie hat für diese in Sachsenhausen einen einzigartigen Raum erkämpft, und diesen Raum für und mit Anwohner/innen in „Dribbdebach“ gemeinsam gestaltet.

Der Stadtteil Sachsenhausen hat sich zwar seit den 1970er Jahren enorm verändert, ist grüner, schöner und wohlhabender geworden. Die Situation für Kinder und ihre Eltern ist jedoch nach wie vor alles andere als erfreulich: Die Kinderbetreuung ist prekär, es gibt immer noch zu wenig Plätze und zu große Betreuungsgruppen mit unterbesetztem und unterbezahltem Betreuungspersonal. Nach wie vor gibt es für Frankfurts Kinder zu wenig Orte, die es ihnen ermöglicht, abseits von Kommerz, Markenwahn und medialer Dauerbeschallung einfach nur Kind zu sein, zu spielen und das bisschen Grüne im Hochhausdschungel genießen zu können.

Seit über zwanzig Jahren bietet die Elterninitiative Sachsenhausen ein günstiges Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung in einer festen Kindergruppe an, und ermöglicht es ab dem frühen Nachmittag allen Kindern ebenfalls einzukehren um sich mit anderen Kindern zu treffen, mit diesen Gesellschaftsspiele, Fußball, Basketball und andere Spiele zu spielen und herumzutoben, zusammen zu lesen, sich auszutauschen oder gestalterisch tätig zu sein (z.B. Basteln, Malen, Batiken, Backen etc.). Und sie finden hier immer zwei hochmotovierte Diplom-Pädagogen bzw. -Pädagoginnen, die ihnen zuhören und auf sie aufpassen.

Die E.I.S. kann auf Jahre des gemeinsamen Kampfes um ein kindergerechtes Sachsenhausen gleichermaßen zurückblicken wie auf gemeinsame Seminare „im Grünen“ (z.B. Hofbieber bei Fulda oder Grünberg) oder Fahrradtouren quer durch die Lande. Sie hat gemeinsam Kinderfeste und Kinderseminare veranstaltet, zahlreiche hitzige Debatten über pädagogische Konzepte und Formen nachhaltigen Lebens und Lernens geführt. All diese vielfältigen Aktivitäten, zeigen vor allem eines:
Dass Stadtteilarbeit die Mitsprache, Mitbestimmung und Mitgestaltung des eigenen Lebensmittelpunktes bedeutet – und dass es dazu interessierter und engagierter Bürger*innen braucht!